Die Grenzen von Homeoffice als Dauerzustand

In der Pandemie hat sich hybrides Arbeiten etabliert. Gleichzeitig hat sie die Grenzen von Home-Office und Fernunterricht als Dauerzustand klar aufgezeigt.

Interview mit Dr. Erika Meins, Leiterin Mobiliar Lab for Analytics, ETH

Dr. Erika Meins forscht zum Thema der Verbesserung der Interaktion zwischen Mensch und Maschine

Darüber haben wir mit Dr. Erika Meins gesprochen. Sie ist Lab Director des ETH - Zürich Mobiliar Lab for Analytics. Das Lab erforscht die Verbesserung der Mensch-Maschine-Interaktionen.

Frau Dr. Meins, Sie schreiben, dass uns im Homeoffice die sensorischen Reize fehlen. Was heisst das genau?
Auf dem Arbeitsweg sind wir verschiedenen visuellen Sinneseindrücken, einer wechselnden Geräusch- und Geruchskulisse ausgesetzt. Das erleben wir auch, wenn wir am Arbeitsplatz für Sitzungen in ein Sitzungszimmer und für das Mittagessen ins Personalrestaurant wechseln. Diese verschiedenen sensorischen Reize geben uns Orientierung im Alltag. Im Home Office fällt dies weg. Ohne Kompensation erleben wir einen Rückgang der sensorischen Reize, was mit einer zum Verlust der Orientierung im Alltag beiträgt und unsere kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigt: Es fällt uns schwer die Tage auseinander zu halten oder macht uns Mühe, auseinander zu halten wer was in einem der zahlreichen virtuellen Meetings gesagt hat.

Warum empfinden Menschen emotionale Leere, wenn sie längere Zeit am Stück im Homeoffice gearbeitet haben?
Wir Menschen sind soziale Wesen. Für unsere mentale und körperliche Gesundheit sind soziale Kontakte essenziell, auch wenn das je nach Persönlichkeit stärker oder schwächer ausgeprägt ist. Im Home Office fällt die physische persönliche Interaktion mit Arbeitskollegen und Kundinnen weg. Neue Studien zeigen, dass von verschiedenen Kommunikationsarten während des Lockdowns vor allem Face-to-Face-Interaktionen einen positiven und langanhaltenden Effekt auf unser Wohlbefinden hatten. Soziale Kontakte können nur zu einem gewissen Grad durch digitale Kontakte kompensiert werden.

In unseren Restaurants begegnen sich Mitarbeitende, tauschen sich aus. Welche Bedeutung haben solche Begegnungen für die Leistungsfähigkeit und Motivation?
Das Gefühl von sozialer Verbundenheit unter Arbeitskollegen ist gemäss der Forschung bei Face-to-Face-Interaktionen am stärksten. Bei einem Austausch via Video-Call oder Textnachricht ist dieser Effekt weniger ausgeprägt. Nachgewiesen ist zudem, dass physische soziale Kontakte einen beruhigenden und regulierenden Effekt auf unser Nervensystem haben. Damit tragen sie auch zur Reduktion von Stress bei. Ein Austausch beim Kaffee oder Mittagessen kann sich also gleich mehrfach lohnen.